PflegePRAXIS

Betriebliches Integrationsmanagement – internationale Fachkräfte anwerben

Text: Lydia Lebelt | Foto (Header): © freshidea – stock.adobe.com

Der demografische Wandel schreitet weiter voran und bringt eines mit sich: Durch die strukturellen und demografischen Veränderungen fehlen in vielen Bereichen Fachkräfte. In der Pflege ist dieser Umstand seit Jahren ein Thema. Kaum eine Veröffentlichung zur Pflege, in der nicht die Themen Pflegenotstand und demografischer Wandel thematisiert werden. Ein möglicher Ansatz, die damit verbundenen Probleme zu lösen, ist ausländische Fachkräfte anzuwerben und in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und die damit verbundenen Implikationen für Pflege- und Gesundheitseinrichtungen gibt dieser Beitrag.

Auszug aus:

QM Praxis in der Pflege
Ausgabe August 2023
Jetzt Leser/-in werden

Von der Bundesregierung wurde im Oktober 2022 eine neue Strategie vorgestellt, um die Arbeit als Fachkraft attraktiver zu gestalten und zeitgleich die Fachkraftsicherung für Unternehmen zu erleichtern. Diese Strategie soll durch fünf Handlungsfelder umgesetzt werden:

  1. Zeitgemäße Ausbildung:
    Durch das geplante Weiterbildungsgesetz sollen konkrete Angebote und Maßnahmen entwickelt werden, die bereits zu Beginn des Arbeitslebens ansetzen.
  2. Gezielte Weiterbildung:
    Der steigende Bedarf an beruflicher Umorientierung und an Branchen und Jobwechseln soll gedeckt werden.
  3. Arbeitspotenzial und Erwerbstätigkeit erhöhen:
    Dadurch soll eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, bspw. Mindestlohn, Brückenteilzeit, etc. erreicht werden.
  4. Verbesserung der Arbeitsqualität und Wandel der Arbeitskultur:
    Um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, wird der Fokus auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen und eine wertschätzende Arbeitskultur gelegt.
  5. Moderne Einwanderungspolitik/Reduzierung der Abwanderung:
    Die Fachkräfteeinwanderung soll weiter gestärkt werden, bspw. durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Ein wichtiger Aspekt dieser Strategie ist also die Gewinnung von Arbeitskräften aus dem Ausland (Punkt 5). Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, welches am 01.03.2020 in Kraft trat, soll es Hochschulabsolventen oder qualifizierten und ausgebildeten Fachkräften aus Drittstaaten (Länder, die keine Mitglieder in EU sind) erleichtert werden, auf legalem Weg nach Deutschland einzureisen und eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Dadurch können diese in Deutschland einer Tätigkeit nachgehen, die ihrer Qualifikation entspricht.

Die Lage – was die aktuellen Zahlen aussagen

Es ist keine neue Erkenntnis, dass in der Pflege Fachkräftemangel besteht. Statistiken der Bundesagentur für Arbeit belegen, dass in Kranken- und Pflegeeinrichtungen personelle Engpässe herrschen und es mehr freie Stellen als arbeitslose Pflegekräfte gibt. Doch wie soll man gegen diesen Mangel ankämpfen?

Um dem immer weiter zunehmenden Engpass zu begegnen, wird in der Pflege die Hoffnung vermehrt auf ausländische Fachkräfte gesetzt. Ihr Anteil lag im Jahr 2020 in der Altenpflege bei rund 15% und in der Krankenpflege bei rund 9%. Das entspricht 91.000 Beschäftigten in der Alten- und 103.000 Beschäftigten in der Krankenpflege.

Generell ist in beiden Bereichen ein deutlicher Anstieg an ausländischen Fachkräften in den letzten Jahren erkennbar. Die fünf häufigsten Herkunftsländer waren im Jahr 2020 Polen, Bosnien-Herzegowina, Türkei, Kroatien und Rumänien.

Voraussetzungen zum Ausbilden und Einstellen ausländischer Mitarbeitender

Für Pflegeeinrichtungen gibt es generell zwei Möglichkeiten der Rekrutierung:

  1. Nachwuchskräfte können von der Einrichtung selbst ausgebildet werden. Hier müssen die Bestimmungen für ausländische Auszubildende beachtet werden.
  2. Einrichtungen können im Ausland nach fertig ausgebildeten Fachkräften suchen. Hierbei ist besonders darauf zu achten, welche Unterschiede zwischen den Ausbildungsinhalten der Länder bestehen.

Generell gelten für die Ausbildung von ausländischen Mitarbeitenden folgende Anforderungen:

  • Mittlerer Schulabschluss
  • Deutschkenntnisse: Es müssen Deutschkenntnisse vom Niveau B2 oder B1 des GER (Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen) vorliegen – dies ist abhängig von dem Bundesland, in
    dem die Ausbildung erfolgen soll.
  • Gesundheitliche Eignung: Es muss eine Bescheinigung einer deutschen Ärztin oder eines Arztes über die geistige und körperliche Gesundheit vorliegen, welche für die Ausübung des Berufes benötigt wird.
  • Polizeiliches Führungszeugnis: Ein Führungszeugnis aus der Heimat oder von der deutschen Polizei muss vorgelegt werden.
  • Alle aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen müssen für den Antritt der Ausbildung erfüllt sein, dazu gehören u. a. der Nachweis eines Ausbildungsplatzes und über die Sicherung des Lebensunterhalts.

Auch für die Einstellung bereits ausgebildeter Fachkräfte aus dem Ausland müssen diverse Bestimmungen erfüllt werden:

  • Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation: Um den Beruf als Pflegefachkraft ausüben zu können, muss eine zuständige Anerkennungsstelle prüfen, ob die ausländische Berufsqualifikation den Deutschen Maßstäben entspricht.
  • Berufsausübungserlaubnis: Um als Pflegefachkraft zu arbeiten, wird eine staatliche Zulassung zur Berufsausübung benötigt. Hierfür gelten wiederum weitere Regelungen:
    • Deutschkenntnisse vom Niveau B2 oder B1 des GER
    • Bescheinigung eines Arztes über die gesundheitliche Eignung
    • ein polizeiliches Führungszeugnis
  • Alle aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen müssen erfüllt werden.

Da das Finden und Rekrutieren von Auszubildenden oder Fachkräften aus dem Ausland sehr mühselig sein kann, gibt es unterschiedliche Anlaufstellen, die die Suche und Integration erleichtern können. Von der Bundesregierung werden u. a. die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit, das Förderprogramm „Faire Anwerbung Pflege“ und die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa) des Bundeministeriums für Gesundheit, vorgeschlagen.

Diversity Management – auch im eigenen Betrieb machbar?

Diversity Management wird als ganzheitliches Konzept gesehen, bei dem kulturelle und personelle Vielfalt gewinnbringend im Unternehmen eingesetzt werden. Durch dieses Konzept soll das Potenzial der Diversität genutzt werden, um folgende Ziele zu erreichen:

  • Die Attraktivität des Unternehmens kann positiv beeinflusst und dadurch neue Fach- und Nachwuchskräfte gewonnen werden.
  • Durch einen wertschätzenden Umgang wird die Zufriedenheit erhöht, die Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen verbessert und die Fluktuation verringert.
  • Ist die Belegschaft vielfältig, dann kann auch eine breitere Kundengruppe angesprochen und damit die Gewinnung und Bindung zur Kundschaft verbessert werden.
  • Eine multikulturelle Belegschaft kann kreative Prozesse in Gang setzten – diese ggf. originellen Perspektiven und Ideen können bei der Gestaltung der Arbeitsabläufe genutzt werden.
  • Das Betriebs- und Arbeitsklima wird generell besser.

Doch lässt sich Diversity Management auch in kleineren Unternehmen umsetzen oder profitieren nur größere Einrichtungen davon? Grundlegend kommt dem Diversity Management eine immer bedeutendere Rolle in der Arbeitswelt zu. Um auf lange Sicht wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben, sich am Markt zu etablieren und ausreichend Arbeitskräfte zu finden, muss man sich mit diesem Thema befassen. Dabei muss die Integration des Diversity Managements nicht unbedingt kompliziert sein.

Werden Maßnahmen gewählt, die leicht in den Alltag zu integrieren und auch einfach in der Umsetzung sind, dann ist auch die Akzeptanz höher und eine bessere Durchführbarkeit gegeben. Ein regelmäßiges Aushändigen von Informationen über andere Kulturen oder das Aufnehmen internationaler Speisen oder religiöser Feste in den Arbeitsalltag sind nur ein paar Beispiele, die ohne viel Aufwand und Umstoßen der bestehenden Prozesse möglich sind.

Diversity Management sollte aus Gründen einer einfachen Realisierbarkeit immer in die Unternehmensstrategie einfließen. Ebenso sollten in diesem Zusammenhand klare Ziele definiert werden, um regelmäßig die Fortschritte
zu überprüfen und Verbesserungen vornehmen zu können.

Integration – Handlungsempfehlung für einen guten Start

Eine gute Willkommenskultur sollte in jedem Unternehmen, nicht nur in Bezug auf ausländische Mitarbeitende, einen besonderen Stellenwert haben. Damit soll erreicht werden, dass internationale Fachkräfte langfristig im Unternehmen bleiben und erfolgreich integriert werden.

Um eine langfristige und zielführende Integration zu erreichen, gibt es unterschiedliche Maßnahmen. Welche davon für eine Einrichtung erfolgsversprechend sind, hängt von der Situation im Unternehmen ab.

Es bietet sich an, ein Projektteam aus Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichen Bereiche der Einrichtung zu bilden, bspw. Heimleitung, Pflegedienstleitung, Fachbereichsleitung und Bereichsleitungen aus Pflege, Hauswirtschaft und Küche zu etablieren. Dieses Team analysiert die aktuelle Situation im Unternehmen und entwickelt daraus optimierende Maßnahmen.

Werden bereits interkulturelle Mitarbeitende beschäftigt, dann sollten diese in die Projektarbeit einbezogen werden. Sie können wertvollen Input für das Projekt leisten.

Für die Einrichtung bietet sich folgende Handlungsempfehlung an:

Ein weltoffenes Unternehmen schaffen

Um eine interkulturelle Vielfalt um Unternehmen zu schaffen, müssen diese Ansätze fest in die Unternehmenskultur und das Leitbild integriert werden. In diesem Zusammenhang werden die Leitung und alle Führungskräfte zu Leitfiguren und müssen mit gutem Beispiel vorangehen. So können Mitarbeitende sensibilisiert und interkulturelle Kompetenz geschaffen werden. Dadurch können ebenso kulturelle Missverständnisse, Konflikte und Berührungsängste abgebaut werden.

Um auch der Außenwelt zu zeigen, dass der Träger weltoffen und interkulturell ist, sollten die Website und alle anderen Plattformen überprüft und angepasst werden. Es bietet sich an, dass zentrale Informationen in unterschiedlichen Sprachen dargestellt werden. Weiß man bereits, aus welchem Land man Fachkräfte anwerben möchte, dann kann man die entsprechende Landessprache nutzen. Auch hier besteht wieder die Möglichkeit bereits beschäftigte Personen mit Migrationshintergrund in die Gestaltung einzubeziehen.

Praxistipp

Online verfügbare Übersetzungstools liefern mittlerweile erstaunlich gute Ergebnisse zu deutlich geringeren Kosten und mit nur geringen Qualitätseinbußen gegenüber einer Übersetzung durch einen Fachübersetzer.

Insofern kann dies eine günstige und schnelle Variante sein, um Materialien in andere Sprachen zu bringen. Gibt es bereits Mitarbeitende in der Einrichtung mit entsprechenden Sprachkenntnissen, können diese für eine abschließende Verständnisprüfung herangezogen werden.

Willkommen im Betrieb

Um den neuen Mitarbeitenden schon vor dem ersten Arbeitstag auf die neue Arbeitsstelle einzustimmen und vielleicht auch etwas Nervosität zu nehmen, bietet es sich an, demjenigen schon im Vorab erste Informationen zukommen zu lassen. Das Zusenden eines Newsletters, in dem die wichtigsten Veranstaltungen und Teamevents genannt werden, kann sehr hilfreich sein. In vielen Einrichtungen hat sich eine Willkommensmappe bewährt, welche alle wichtigen Informationen zum Arbeitsplatz und zur Umgebung beschreibt. Folgende Inhalte können nützlich sein:

  • Allgemeine Informationen über den Träger, die Einrichtung, die Strukturen und wichtige Ansprechpersonen
  • Informationen zur Umgebung und wichtige Anlaufstellen (Einwohnermeldeamt, Arbeitsagentur, Ausländerbehörde, Sparkassen/Banken, Führerscheinbüro etc.)
  • Auskunft zum Leben in der Region (Informationen zum Wohnort, ärztliche Versorgung, Schulen und Kinderbetreuung, Feiertage, Sportvereine etc.)
  • Nützliche Dinge wie bspw. Prepaid-Handykarte, Stadtplan, Karte für den öffentlichen Nahverkehr etc.

Bei der Gestaltung dieser Mappe sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Besitzt eine Einrichtung bereits eine solche Willkommensmappe, kann diese für ausländische Mitarbeitende einfach um die fehlenden Informationen erweitert werden.

Einführung am Arbeitsplatz

Die Einrichtung muss vor dem ersten Arbeitstag wichtige Vorbereitungen treffen, damit der neue Mitarbeitende seine Arbeit aufnehmen kann. Dazu gehören bspw. das Einrichten einer E-Mail-Adresse, das Ausstatten des Arbeitsplatzes (Zugang zum Dokumentationssystem und ggf. Büroplatz) und Hinterlegen aller relevanten Daten im System (Personalabteilung, Buchhaltung etc.).

Durch einen Einarbeitungsplan kann die Einführung systematisch erfolgen und es wird zeitgleich ersichtlich, welche wichtigen Aspekte noch durchgeführt werden müssen und welche bereits erledigt wurden, bspw. Einführungsgespräch, Belehrungen, Hausführung, Vorstellung auf den Bereichen, etc.

Zusätzlich sollten alle wichtigen Informationen zu Arbeitsabläufen, Strukturen und Verhaltensweisen bereitgelegt werden. Außerdem muss bestimmt werden, auf welchem Bereich der neue Mitarbeitende tätig sein wird und das betreffende Team vorinformiert werden.

Der erste Tag

Für die ersten Tage bzw. Wochen sollte es einem gesonderten Ablaufplan geben. Im Fokus steht das Kennenlernen der Einrichtung, der Bewohnerschaft, der Kolleginnen und Kollegen und des allgemeinen Arbeitsablaufs. Hier kommt der erstellte Einarbeitungsplan zum Einsatz. Es sollte, trotz vorheriger Planung der Einarbeitungsphase, Platz für Individualität gelassen werden, denn jeder hat ein eigenes Lerntempo und passt sich neuen Gegebenheit unterschiedliche schnell an!

In jedem Fall sollte die Einrichtung über den Einsatz einer Mentorin oder eines Mentors nachdenken. Diese können auf die Einarbeitung internationaler Kräfte spezialisiert werden und begleiten die neuen Mitarbeitenden in der Einarbeitungsphase, idealerweise sind sie auch Ansprechpartner für private Fragen und weitere Unterstützung.

Hier bietet es sich ebenso an, die internationalen Mitarbeitenden, die bereits im Unternehmen tätig sind, als Ansprechperson oder zur Beratung hinzuzuziehen.

Um alle Verwaltungsformalitäten erledigen zu können, sollte dem neuen Mitarbeitenden ausreichend „Freilaufzeit“ gegeben werden. Ebenso sollte gleich zu Beginn über die Urlaubsplanung und Feiertagsgestaltung gesprochen werden. Stehen beispielweise Heimatbesuche an, die den Regelungen der Urlaubsplanung widersprechen und mehr Organisation erfordern? Gibt es besondere Feiertage, die zu berücksichtigen sind.

Unterstützung im Alltag

Auch im Alltag kann die Einrichtung helfen und bei Fragen als wichtige Anlaufstelle agieren. Dazu gehört bspw. die Unterstützung bei der Wohnungssuche und dem Umzug, die Erklärung und Unterstützung bei Formalitäten und Behördenangelegenheiten und genereller Beistand bei privaten Problemen und Erledigungen

Langfristige Integration

Mit der Einarbeitung in den ersten Tagen und Wochen wird ein wichtiger Grundstein für die weitere Zusammenarbeit gelegt. Dennoch ist es weitaus bedeutender eine langfristige Integration zu schaffen. Daher sollten die Methoden auf jeden Fall nicht nur kurzfristig gedacht sein, sondern einen beständigen Charakter aufweisen.

Folgende Maßnahmen können hier zielführend sein:

  • Regelmäßiges Feedback fördert den Austausch und gibt Rückmeldung über die getätigte Arbeit. Daher sollten regelmäßige Gespräche mit dem neuen Mitarbeitenden durchgeführt werden.
  • Langfristig gesehen ist der Erwerb der deutschen Sprache essenziell, um sich auf lange Sicht zu integrieren. Daher sollte die Einrichtung den neuen Mitarbeitenden beim Erwerb/ bei der Verbesserung der Sprachfertigkeiten helfen. Dazu zählen bspw. die Unterstützung beim Finden eines Sprachkurses oder die finanzielle Beteiligung durch den Träger.
  • Durch interkulturelle Maßnahmen kann die Zusammenarbeit und das Miteinander gefördert werden. Durch die Bereitstellung von Informationen über die fremde Kultur können Vorurteile und Unsicherheiten abgebaut werden.
  • Eine langfristige Integration in die Einrichtung und ins Team muss gefördert werden. Teambuildingmaßnahmen können helfen Barrieren und Berührungsängste zu vermindern.
  • Eine ausländische Fachkraft hat das gleiche Recht auf Weiterbildung wie alle anderen, daher sollte der Qualifizierungsbedarf ermittelt und geprüft werden, ob Weiterbildungen oder Nachqualifizierungen sinnvoll wären.
  • Um eine ausländische Fachkraft möglichst lange an die Einrichtung zu binden, sollte auf jeden Fall geklärt werden, ob ein Familiennachzug geplant ist und ob die Einrichtung entsprechende Unterstützung anbieten kann. Welche Zuwanderungsbedingungen gibt es für Kinder, Ehepartner und andere Verwandten? Welche Unterstützungsangebote kann man vermitteln? Wie kann die Integration der restlichen Familienmitglieder gefördert werden?

Das Gütesiegel „Best Places to Work for International Nurses in Germany“

Das Gütesiegel „Best Places to Work for International Nurses in Germany“ ist das erste Gütesiegel, welches Einrichtungen für eine gelungene Integration auszeichnet und diese Leistung entsprechend honoriert. Herausgeberin des neuen Siegels ist die interkulturelle Trainerin und Beraterin Grace Lugert-Jose aus Hamburg, die selbst vor mehr als 23 Jahren mit ihrer Familie von den Philippinen nach Deutschland kam. Die studierte Wirtschaftspsychologin hat sich auf die gelungene Integration im Pflegebereich spezialisiert. Durch das Siegel wird potenziellen neuen internationalen Mitarbeitenden signalisiert, welche Einrichtungen eine gelungene Integration vorweisen können.

Das Besondere an diesem Siegel ist die Tatsache, dass die Pflegefachpersonen ihr Unternehmen selbst bewerten und damit darüber entscheiden, wer das Siegel erhält. Bei anderen Siegeln hingegen müssen bestimmte Punkte erfüllte werden, um eine Auszeichnung zu erhalten. Dabei wird selten berücksichtigt, ob die Mitarbeitenden zufrieden sind oder nicht.

Generell verläuft die Auszeichnung mit dem Siegel wie folgt:

  1. Internationale in Deutschland arbeitende Pflegefachpersonen werden befragt und deren Einrichtungen anhand einer Punkteskala bewertet.
  2. Nach dem Zufallsprinzip werden internationale Pflegefachkräfte kontaktiert, um die positiv gegeben Resonanzen zu bestätigen – danach gilt das Ergebnis als verifiziert.
  3. Die Einrichtungen werden im dritten Schritt kontaktiert und erhalten einen ausführlichen Fragebogen zu ihrem Integrationskonzept.
  4. Ist die Beantwortung des Fragebogens und damit das Integrationskonzept schlüssig, dann wird das Siegel vergeben.

Die Einrichtungen, die das Siegel erhalten, werden aufgelistet und veröffentlicht. Arbeitgebende können sich auch selbst für das Siegel bewerben. Die internationalen Mitarbeitenden der Einrichtungen werden dann anonym online befragt.

Ausländische Pflegekräfte integrieren – die Charité als Best Practice

Wie die Integration von ausländischen Pflegekräften funktionieren kann, hat die Charité in Berlin gezeigt. Im August 2015 wurde ein neues zentrales Bewerbungsmanagement für den Pflegebereich implementiert. Das bisherige Management wurde analysiert und optimiert.

Zusätzlich beteiligt sich die Charité aktiv an kommunalen Projekten, die sich für die Sprachförderung von geflüchteten Personen einsetzen und Orientierung im Gesundheitswesen zum Ziel haben. Die Charité entschied 2016, gezielt Personal aus anderen Ländern zu rekrutieren. Die Neurekrutierung lief folgendermaßen ab:

  1. Rekrutierung vor Ort
    Das erste Auswahlverfahren fand in Albanien vor Ort statt. Bei einem persönlichen Gespräch konnten sich von den 50 Bewerbenden 25 für eine Stelle qualifizieren. Diese verfügten bereits über gute Deutschkenntnisse, einen entsprechenden Bachelor- oder Masterabschluss und mehrjährige Berufserfahrung im Pflegebereich. Ein Kooperationspartner der Charité übernahm alle juristischen Planungen und Erledigungen
  2. Vorbereitungen auf die neuen Mitarbeitenden
    Zurück in Berlin wurde das Projekt im Rahmen einer Konferenz vorgestellt. Ein entsprechendes Integrationsmanagement wurde ins Leben gerufen, um sich auf die Ankunft der neuen Mitarbeitenden vorzubereiten, bspw. wurden die Teams informiert und die Einsatzorte bestimmt. Ebenso wurden die Teams über kulturelle Besonderheiten aufgeklärt, um Berührungsängste zu minimieren und Missverständnissen vorzubeugen. Zusätzlich wurde geeigneter Wohnraum gesucht und es konnte mit einer Wohnungsgesellschaft ein Kooperationsvertrag für möblierte Wohnungen geschlossen werden.
  3. Der erste Arbeitstag
    Nach und nach trafen die neuen Kolleginnen und Kollegen in den kommenden Monaten in der Charité ein. Sie erhielten eine Willkommensmappe mit allen wichtigen Informationen zur neuen Arbeitsstelle, den Abläufen und auch dem Leben in Berlin. Am ersten Arbeitstag wurden die neuen Kollegen vom zuständigen Integrationsmanager am Flughafen oder Bahnhof abgeholt. Danach folgte die Wohnungsübergabe. Ebenso erhielten die neuen Mitarbeitenden ein Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel und wurden über alle wichtigen Termine und den weiteren Ablauf informiert. Eine speziell eingerichtete WhatsApp-Gruppe wurde genutzt, um die Kommunikation zwischen den neuen Mitarbeitenden zu fördern.
  4. Die Folgetage
    Am zweiten Tag wurden alle wichtigen Termine auf dem Bürgeramt getätigt und zusätzlich die ärztliche Einstellungsuntersuchung durchgeführt. Außerdem wurden die neuen Mitarbeitenden bei der Eröffnung eines Bankkontos und der Wahl eines Telefonanbieters unterstützt. Insbesondere der Kontakt nach Hause sollte so aufrechterhalten werden.
    Am dritten Tag wurden die neuen Kolleginnen und Kollegen an ihrem Arbeitsplatz begrüßt. Es wurde der endgültige Arbeitsvertrag unterschrieben und alle
    weiteren wichtigen organisatorischen Notwendigkeiten erledigt. Die neuen Mitarbeitenden wurden auf den Arbeitsbereichen vorgestellt und die weiteren Absprachen für die kommenden Tage getätigt.
    Am vierten Tag wurde die Begleitung und Einarbeitung von der Praxisanleitung und den Stationsleitungen übernommen. Die Einarbeitungszeit wurde individuell besprochen und weitere organisatorische Maßnahmen erledigt, bspw. Schlüsselübergabe, Vergabe von Dienstausweisen und Bekleidung etc.
  5. Weitere Rahmenbedingungen
    Generell wurden noch weitere gute Rahmenbedingungen geschaffen, um den neuen Mitarbeitenden eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu bieten:

    • Um die Sprachkompetenz weiter zu fördern, ermöglichte die Charité eine Teilnahme an kostenfreien sechsmonatigen Sprachkursen.
    • Weitere Angebote zur schnellen Eingewöhnung wurden geboten, bspw. Vorträge zur Geschichte der Charité, Campus-Touren etc.
    • Es fanden regelmäßige Treffen mit dem Integrationsbeauftragten statt. Dieser begleitet bei behördlichen Erfordernissen und agiert auch als wichtiges Bindeglied, bspw. bei Vermittlung von ärztlicher Versorgung etc.
    • Nach sieben Monaten erfolgte die Planung des Nachzugs von Familienmitgliedern – das Integrationsmanagement unterstützte den Nachzug, bspw. Organisation von Sprachkursen, Betreuung von Kindern, sonstige Freizeitangebote zur schnellen Integration.

Fazit: Die Charité kann ein positives Resüme ziehen. Nahezu alle Kollegen konnten integriert werden. Das Sprachniveau hat sich bei allen deutlich verbessert und auch wenn die Umsetzung des Integrationsmanagements nicht immer einfach war, profitieren alle von dem gegenseitigen Austausch und der Vielfalt. Es wurde daraufhin beschlossen, die Personalgewinnung auf diesem Weg weiter auszubauen und im Jahr 2018 wurden weitere ausländische Fachkräfte aus Mexiko angeworben.

Die Autorin

Lydia Lebelt
Tätig als Qualitätsbeauftragte und stellvertretende PDL in einem Altenpflegezentrum. Nach Ausbildung und Tätigkeit als Altenpflegefachkraft Pflegemanagement-Studium und parallel Hochschulzertifikat für Angewandte Prävention und Gesundheitsförderung. Autorin von Fachbeiträgen insbesondere zur MDK-Prüfung.

JETZT ABONNEMENT ANFORDERN UND KEINE AUSGABE VERPASSEN:

QM-Praxis in der Pflege

Die Fachzeitschrift für
QM- und Hygienebeauftragte