Schulung / Kommunikation / Motivation

Teamentwicklung: Von den Grundlagen bis zu den Neuen Medien

Text: Thomas Güttner | Foto (Header): © Africa Studio – Fotolia.com

Teamentwicklung ist ein klassisches Führungsthema, das im Alltag vielfältig in Erscheinung tritt. Formale Kenntnisse zur Teamentwicklung und zu Gruppenphasen sind das eine, das andere sind die vielfältigen Möglichkeiten der sogenannten Neuen Medien, die aktiv eingesetzt werden können, damit Teams effektiver und effizienter zusammenarbeiten.

Auszug aus:

QM Praxis in der Pflege
Ausgabe Juli / August 2015
Jetzt Leser werden

„Ein Team ist eine kleine Gruppe von Personen, deren Fähigkeiten einander ergänzen und die sich für eine gemeinsame Sache, gemeinsame Leistungsziele und einen gemeinsamen Arbeitsansatz engagieren und gegenseitig zur Verantwortung ziehen.“ 1 Das spiegelt sich auch in dem bekannten Ansatz wider, dass das Ergebnis einer „guten“ Teamarbeit mehr ist als die Summe seiner Teile. Damit Teamarbeit aber gelingen kann, muss sich eine solche Gruppe erst entwickeln und dies erfolgt nach den vier Phasen, die auch einen guten Ansatzpunkt für unterstützende Maßnahmen bieten.

Phasen der Teamentwicklung

Forming: Diese Phase der Entstehung von Teams entspricht einem Kennenlernen und ersten testweisen sachlichen Dialogen und Austauschprozessen.

Storming: In der sogenannten Nahkampfphase geht es darum, einen Basiskonsens zu finden. Differenzen werden deutlich und Positionen kontrovers gegeneinander abgegrenzt. Zentral ist es, am Ende eine Verständigung zu den Aufgaben, Rollen, der Arbeitsorganisation und vor allem der Zielfindung zu haben.

Norming: Die Orientierungsphase ist die Phase, in der die eigentliche Arbeit beginnt und sich ein Wir-Gefühl mit Grundregeln für die Zusammenarbeit entwickelt.

Performing: Jetzt wird gearbeitet und eine Feedbackkultur hilft auftretende Konflikte oder Probleme zu lösen.

Die Phasen sind idealisiert und laufen nicht nach einem starren Muster ab; es ist auch möglich, dass Teams Phasen überspringen oder auf andere zurückfallen. Für die Teamarbeit ist es allerdings hilfreich, von Zeit zu Zeit durch eine kurze Punktabfrage die Teammitglieder zu fragen, in welcher Phase sie das Team aktuell einschätzen; so kann immer wieder nachjustiert werden, ob es eher darum geht, Positionen zu behaupten oder ob ein „störungsfreies“ Arbeiten möglich ist.

Gruppendynamik und Feedback

Methodisch ist es mit Bezug auf die Gruppendynamik wichtig eine Feedbackkultur zu etablieren. Gruppenregeln, wie sie beispielsweise aus der Themenzentrierten Interaktion (TZI) bekannt sind, sind hilfreich, haben allerdings eher einen Appellcharakter. Die Feedbackkultur ist aktiver und unterstützt die Gruppe dabei, Fremd- und Selbstbild abzugleichen. Ziel ist stets, die Arbeitsfähigkeit zu verbessern und Beziehungen zu klären. Regeln für das Feedback lassen sich nach Seifert und Fröhlich2 so zusammenfassen: Feedback ist …

  • konstruktiv
  • beschreibend
  • konkret
  • subjektiv
  • nicht nur negativ

Für exemplarische Teamsituationen kann dies wie folgt aussehen:

Praxishilfen für Teamentwicklung und -arbeit

Gerade die Feedback-Kultur ist entscheidend für die Entwicklung von Teams, aber auch andere Aspekte sind für die Praxis der Teamarbeit wichtig und sollen hier kurz skizziert werden.

Gruppenarbeitsvertrag

Teamregeln sind wichtig und können im Rahmen eines Vertrages zwischen den Mitgliedern verhandelt und vereinbart werden. Das klingt zunächst etwas sperrig, ist aber sehr positiv für die Zusammenarbeit.

Neben Kommunikationsregeln geht es in einem solchen Vertrag darum, dass die Gruppenarbeit organisiert abläuft. D. h. neben dem Miteinander sind weitere Aufgaben zu vereinbaren und Absprachen zu treffen, beispielsweise:

  • Umgang mit Konflikten
  • Ergebnissicherung
  • Einladung
  • Frequenz und
  • Umfang der Treffen etc.

Natürlich können solche Aspekte auch in einer Geschäftsordnung festgelegt werden, es ist allerdings gerade für temporär arbeitende Gruppen wichtig den Aspekt des „Aushandelns“ nicht zu unterschätzen.

Momentaufnahme zur Gruppenleistung

Eine kleine Checkliste kann helfen, eine Momentaufnahme zur Arbeitsfähigkeit des Teams zu erstellen. Diese kann beispielsweise bei langfristigeren Teams regelmäßig (z. B. halbjährlich) von allen ausgefüllt und anonym ausgewertet werden, um in einem Evaluationsgespräch als Kick-off zu dienen. Kriterien sind z. B.:

  • Anwesenheit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit
    Termintreue(!), hält Versprechen ein, kommt eher früher, geht erst nach Sicherung der Ergebnisse und aufgeräumtem Arbeitsplatz
  • Arbeitsverhalten
    Ausdauer, Konzentration, Sorgfalt, Verantwortungsbewusstsein
  • Einhaltung des Tages-Plans
    Ein wesentlicher Aspekt des Projektcontrollings besteht im Soll-Ist-Vergleich zwischen den Zielsetzungen laut Tagesplan und dem tatsächlich Erreichten: Aus der Ablauf-Dokumentation sollten planvolle und umsichtige Arbeit, ein Soll-Ist-Vergleich und eine ggf. notwendige Planabweichung nachvollziehbar hervorgehen.
  • Kooperation, Mitgestaltung
    Unterstützend und hilfsbereit, offen, aufgeschlossen, Standpunkt vertretend, nicht verletzend, fair, anpassungsfähig, kompromissbereit, geduldig, humorvoll, hält beschlossene Regeln ein, zeigt Verantwortungsbereitschaft, übernimmt Aufgaben, um das Projekt weiterzubringen, teilt seine Ergebnisse / Erkenntnisse den anderen mit, überrascht mit „Gebäck“
  • Fachwissen in Bezug auf Geräte / Software / Pflegehandlungen
    Methode richtig gewählt / angewandt, klares Handlungsmuster, zielgerichtet, klare Entscheidung mit Alternativen im Blick, erkennt Fehler bzw. Probleme, entwickelt Alternativen

Spiele und Methoden in der Teamarbeit

Vielleicht haben Sie bereits an einem Seminar teilgenommen, in dem der Trainer spielerisch versucht hat, das Kennenlernen in der Gruppe zu unterstützen oder die Gruppenarbeit zu beeinflussen. Gezielt eingesetzt, sind solche Methoden nicht nur unterhaltsam, sondern haben einen sehr positiven Effekt auf die Teamarbeit.

In der Literatur und im Internet finden sich dazu viele frei verfügbare Anregungen, bei denen es sich lohnt, sie auszuprobieren. Einen sehr interessanten Reader hat Oliver Klee3 bereits 2006 veröffentlicht. Auf den rund 80 Seiten finden sich viele Methoden zu den verschiedenen Phasen der Gruppenarbeit. Ein Beispiel, um die Struktur zu verdeutlichen, ist die Methode Brücke bauen:

  • Art: Teamspiel
  • Ziel: im Team eine schwierige Aufgabe lösen
  • Dauer: 5–15 Minuten
  • Wir brauchen dazu: insgesamt 1 Schere und 1 Rolle Krepp-Klebeband, pro Team ein paar Blatt Papier und 2 Tische
  • So geht es: Die Gruppe wird in Teams von drei bis fünf Mitgliedern aufgeteilt. Jedes Team soll möglichst schnell aus Papier und Klebeband eine tragfähige Brücke zwischen zwei Tischen bauen (je weiter auseinander, desto schwieriger – 50 cm sind o. k.). Die Brücke soll die Schere als Belastung aushalten können. Die Teams dürfen dabei die Schere zum Testen benutzen.

Ein Blick in die Zusammenfassung lohnt sich!

Neue Medien und Social Media für die Teamarbeit

Neben den genannten und weiteren Aspekten der eher klassischen Teamentwicklung und Teamarbeit nimmt das Thema Social Media immer mehr Raum ein. Nicht nur in global agierenden Unternehmen wird auf virtuelle Teamarbeit gesetzt, sondern das Thema findet auch immer mehr Einzug in das Sozial- und Gesundheitswesen.

Die Schwierigkeiten der Kommunikation an sich sind dabei nicht geringer, anfänglich teils sogar höher, da das Gegenüber ja nicht körperlich anwesend ist, die Vorteile sind aber die Überwindung von Zeit und Raum und eben der gerade genannte Nachteil der physischen Präsenz. Konkret geht es beim Einsatz Neuer Medien um die Nutzung heute meist im Webbrowser verwendbarer Software anwendungen für die Teamarbeit. Der Vorteil ist (deshalb auch Social Media), dass Informationen nicht in einer Einbahnstraße kommuniziert werden, also z. B. von der Führungsebene auf die Mitarbeiter, sondern dass ein wechselseitiger Informationsfluss besteht. Einsatzorte sind sowohl Projektarbeiten, aber auch bestehende Teams im QM.

Die Trends der virtuellen Zusammenarbeit stellen sich z. B. durch Unternehmens-Wikis dar, d. h. Plattformen wie die bekannte Wikipedia. Wissen wird hier geteilt und wächst kollaborativ. Bezogen auf einen ambulanten Pflegedienst bedeutet dies z. B., dass das QM-Handbuch als Vorgabe-Artikel im Firmen-Wiki bereitgestellt wird.

Alle Mitarbeiter, die über Smartphones verfügen, werden per Mail automatisch über die Neuerung informiert und ihr Einloggen wird als Kenntnisnahme registriert. Das ist schon gut, aber noch keine Teamarbeit. Die entsteht dadurch, dass direkt zum „Vorgabedokument“ Fragen gestellt und Anmerkungen gemacht werden können (in Form von Blogs) und für alle sichtbar ebenso wie die Antworten z. B. des QM-Beauftragten. Sich wiederholende Schwierigkeiten werden so nur einmal benannt und direkt angegangen. Auch klassische Themen für Qualitätszirkel und Problemlösungskreise können so virtuell und ohne physische Präsenz bearbeitet werden.

Die Nutzung von webbasierten Anwendungen ist verhältnismäßig günstig, da auf den Zugangsgeräten keine Software installiert wird und die Daten in einem Rechenzentrum liegen. Mittlerweile haben sich solche Formen der Zusammenarbeit (außerhalb) der Pflege bereits etabliert und international operierende Unternehmen arbeiten in virtuellen (Projekt-)Teams an der Lösung gestellter Aufgaben oder der Entwicklung neuer Produkte.

Die Pflegebranche steht hier sicher noch am Anfang, aber im Hinblick auf das Wissensmanagement im Rahmen der Teamarbeit, d. h. das sich ständig verändernde Umfeld der Anforderungen und Vorgaben, allerdings sind solche Ansätze sicherlich zukunftsweisend. Vor allem die sektorübergreifende Teamarbeit, d. h. z. B. das Überleitungsmanagement, kann von solchen Ansätzen profitieren, wenn Hausarzt, Klinik und ambulanter Pflegedienst eine gemeinsame Datenbasis, Wissensgrundlage und auch Dokumentation haben. Also bloggen Sie mal den nächsten Pflegestandard.

 

1 Katzenbach/Smith 1993, S.70. Zitationsquelle: http://lehrerfortbildung-bw.de/kompetenzen/projektkompetenz/durchfuehrung/organisation/teamentwicklung.htm.
2 Seifert, Josef W. (1989). Visualisieren, Präsentieren, Moderieren. GABAL (S. 71-74). Fröhlich, Peter (1997). Kritisieren – aber richtig. Neuer Merkur, (S. 83-86). Quelle: http://arbeitsblaetter.stangltaller.at/KOMMUNIKATION/Feedbackgeben.shtml.
3 Online verfügbar unter: www.spielereader.org/spielereader.pdf.

Der Autor

Thomas Güttner
Pflegefachkraft mit langjähriger Leitungserfahrung in der stationären Altenpflege, Qualitätsmanager (CQa/DGQ), EFQM-Assessor (gem. EOQ), seit 2010 hauptamtlicher Vorstand des Caritasverbandes Duisburg e. V., Fachwirt im Sozial- und Gesundheitswesen, Akademiestudium in den Bereichen Arbeits- und Organisationspsychologie.

JETZT ABONNENT WERDEN UND KEINE AUSGABE VERPASSEN:

QM-Praxis in der Pflege

Die Fachzeitschrift für
QM- und Hygienebeauftragte